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15
Dez
2016

Berichtigung, wenn Arbeitszeugnis zu positiv? (#Urteil)

Arbeitszeugnis zu positiv

Autorin: Claudia Kilian

Erscheint ein Arbeitszeugnis zu positiv, kann der Arbeitnehmer Berichtigung fordern. Zumindest dann, wenn die Bewertungen offensichtlich einen ironischen Charakter haben und damit als nicht ernst erscheinen.

Im Zwangsvollstreckungsverfahren vor dem LAG Hamm (Urteil vom 14.11.2016, Az.: 12 Ta 475/16) stritten die Parteien darum, ob der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch des ehemaligen Mitarbeiters erfüllt hat. In einem vorangegangenen Vergleich hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, dass der Arbeitnehmer einen Zeugnisentwurf vorlegen darf und der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund davon abweichen darf.

Kann ein Arbeitszeugnis zu positiv sein?

Im Wesentlichen hielt sich der Arbeitgeber wohl auch an den Entwurf, verwendete jedoch ein paar Steigerungen („äußerst„, „extrem“ und „hervorragend„) mehr  als vorgegeben. Darüber hinaus ersetzte er die Formulierung „Wir bewerten ihn mit sehr gut“ durch „Wenn es bessere Noten als ’sehr gut‘ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen„. Schließlich änderte er noch die Schlussformulierung „Herr …  verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern“  durch „Herr … verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, was wir zur Kenntnis nehmen.“

Damit sei der Arbeitgeber seiner Zeugnispflicht nicht nachgekommen – so die Meinung des ehemaligen Mitarbeiters. Er beantragte beim Arbeitsgericht die Festsetzung eines Zwangsgelds. Die geänderten Formulierungen seien erheblich. Damit sei das gesamte Zeugnis wertlos, weil der ganze Zeugnistext ins Lächerliche gezogen werde. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht. Die sofortige Beschwerde des Arbeitgebers vor dem LAG war ebenfalls erfolglos.

Zeugnispflicht nicht erfüllt

Auch die Richter des LAG Hamm waren der Meinung, der Arbeitgeber habe die im Vergleich vereinbarte Maßgabe nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer habe ein Vorschlagsrecht gehabt, was durchaus rechtlich möglich ist. Von diesem Entwurf habe der Arbeitgeber jedoch nur aus wichtigem Grund abweichen dürfen. Die Formulierungshoheit sei damit auf Seiten des Arbeitnehmers gewesen.

Dennoch sei der Arbeitgeber – durch die konsequenten Steigerungen der bereits sehr guten Bewertungen – ohne wichtigen Grund von den Formulierungsvorschlägen des Arbeitnehmers abgewichen. Durch die beiden weiteren geänderten Sätze würde ein Gesamteindruck entstehen, der vermuten lässt, dass die Bewertungen nicht ernst gemeint seien. Die  Formulierungen hätten vielmehr den Zweck, eine andere als die aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Ein ironischer Charakter des Gesamtzeugnisses sei nicht von der Hand zu weisen.

„Kein Bedauern“ spricht für pure Ironie

Auf die Änderung der Schlussformel (kein Bedauern) angesprochen, hatte der Arbeitgeber zudem ausdrücklich erklärt, dass das Ausscheiden des Arbeitnehmers für ihn keinen Verlust bedeute. Der Hinweis der Richter, wenn der Mitarbeiter laut Zeugnis doch „noch besser als sehr gut gewesen“ wäre, müsse das Ausscheiden doch ein Verlust sein, spricht noch einmal mehr für pure Ironie.

LAG Hamm, Urteil vom 14.11.2016, Az.: 12 Ta 475/16


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Bildquelle: 53778976/beermedia / Fotolia

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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