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Zeugnisinhalt unter der Lupe
7
Feb.
2025

Ermittlungsverfahren im Arbeitszeugnis zulässig bei Verdacht auf Kinderpornografie

Rote Aktenordner stehen in einer Reihe. Darüber liegt eine Lupe als Symbol für ein laufendes Ermittlungsverfahren

Autorin: Claudia Kilian

Normalerweise dürfen Arbeitgeber laufende Ermittlungsverfahren nicht im Arbeitszeugnis erwähnen. Das Arbeitsgericht Siegburg hat nun jedoch in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Schutz von Kindern in bestimmten Fällen Vorrang vor der Unschuldsvermutung hat.

Ein Sozialarbeiter, der seit über vier Jahren in einem Jugendamt für Kinderschutzmaßnahmen zuständig ist, wurde wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischen Materials polizeilich untersucht. Die Kriminalpolizei durchsuchte sein Dienstzimmer und beschlagnahmte sein Diensthandy. Im Polizeibericht wurde empfohlen, dem Mann jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verwehren.

Die Stadt als Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis noch während des laufenden Ermittlungsverfahrens und nahm den Vorwurf der Kriminalpolizei in das Arbeitszeugnis auf. Der betroffene Arbeitnehmer klagte gegen die Erwähnung, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und er sich auf die Unschuldsvermutung berufen könne.

Ausnahme bei besonderem Schutzinteresse

Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Grundsätzlich müssen Arbeitszeugnisse wohlwollend formuliert sein, heißt es in den Urteilsgründen. Laufende Ermittlungsverfahren dürfen daher nicht ohne Weiteres im Arbeitszeugnis aufgenommen werden. In besonderen Ausnahmefällen, insbesondere wenn der Schutz von Dritten – in diesem Fall Kindern – betroffen ist, kann der Arbeitgeber jedoch verpflichtet sein, auf ein Ermittlungsverfahren hinzuweisen.

Das Gericht betonte, dass hier der Schutz von Kindern Vorrang hat. Zudem habe der Arbeitnehmer im Prozess den Besitz entsprechender Dateien auf seinem Diensthandy nicht bestritten. Daher entspreche das Zeugnis dem Gebot der Zeugniswahrheit.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23.01.2025, Az.: 5 Ca 1465/24

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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