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Recht auf ein Arbeitszeugnis
17
Jun
2009

Kein Schadenersatz für verspätetes Zeugnis ohne Mahnung (#Urteil)

Autorin: Claudia Kilian

Der Arbeitgeber muss innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis ausstellen. Tut er dies nicht, muss er unter Umständen für ein verspätetes Zeugnis Schadenersatz zahlen, wenn Sie dadurch ein aussichtsreiches Jobangebot verlieren. Voraussetzung: Sie müssen vorher das Arbeitszeugnis anmahnen.

Im Entscheidungsfall hatten sich die Parteien durch einen Vergleich auf ein Beschäftigungsende zum 31.8.2007 geeinigt. Der Arbeitgeber hatte sich außerdem verpflichtet, dem Mitarbeiter ein qualifiziertes – wohlwollendes – Zwischenzeugnis und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auf der Grundlage dieses Zwischenzeugnisses – ein Endzeugnis zu erteilen. Da der Mitarbeiter mit dem Zwischenzeugnis nicht einverstanden war, hatte er seinem ehemaligen Chef eine Nachfrist zur Korrektur bis Mitte August gesetzt. Das Endzeugnis mahnte er währenddessen jedoch nicht an. Dies wurde ihm allerdings zum Verhängnis, als er Anfang September zu einem zweiten Vorstellungsgespräch eingeladen wurde und sein letztes Arbeitszeugnis mitbringen sollte. Da er dieses zum Termin nicht vorweisen konnte, sah der potenzielle Arbeitgeber von einer Einstellung ab. Die Begründung: Ohne Vorlage eines entsprechendes Zeugnisses könne man vermuten, dass das Ausscheiden des Mitarbeiters doch andere Gründe als die genannten hätte. Ärgerlich. Und ein Grund, den ehemaligen Arbeitgeber auf Schadenersatz zu verklagen?

In konkreter Bewerbungssituation Arbeitszeugnis anmahnen

Der Mitarbeiter forderte vor Gericht das ihm von dem potenziellen Arbeitgeber in Aussicht gestellte Gehalt abzüglich Arbeitslosengeld oder anderweitig erzielten Verdienst. Ohne Erfolg! Beide Instanzen waren der Ansicht, dass der Mitarbeiter spätestens nach der Aufforderung des potenziellen Arbeitgebers die umgehende Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses hätte anmahnen müssen. Zumindest hätte er jedoch den neuen Arbeitgeber rechtzeitig über die Situation aufklären müssen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 01.04.2009, Az: 1 Sa 370/08).

Drei Tage Mindestbearbeitungszeit

Darüber hinaus stellten beide Gerichte klar, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet gewesen sei, dem Mitarbeiter bis zum 6.9. 2007 ein Zeugnis auszustellen. Er habe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen drei Tagen und zwei bis drei Wochen Zeit für die Erstellung. Hier hätte das Arbeitsverhältnis allerdings 31.8.2007 (Freitag) geendet – berücksichtige man die Mindestbearbeitungszeit (drei Arbeitstage) und die dreitägige Postlaufzeit, hätte der Arbeitnehmer das Zeugnis frühestens am 8.9.2007 erhalten können.

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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