Gibt es doch einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis? (#Urteil)
Autorin: Claudia Kilian
Laut Gesetz gibt es keinen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Es kann jedoch unter bestimmten Umständen eine vertragliche Nebenpflicht sein, sagt das Bundesarbeitsgericht. Was das ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, erklärt dieser Beitrag.
Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Das wiederhole ich mantramäßig, wenn es Mandanten besonders eilig haben und gaaaanz dringend für ihre Bewerbung ein Zwischenzeugnis brauchen. Ein neuer Arbeitgeber kann gar nicht erwarten, dass Sie ein Zwischenzeugnis vorlegen können. Es hat sich zwar mittlerweile durchgesetzt, dass man unter bestimmten Bedingungen, z.B. bei Vorgesetztenwechsel oder Aufgabenänderung ein Zwischenzeugnis anfragen kann. Es ist aber immer noch Good Will des Arbeitgebers, da es eben keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis gibt.
Anspruch auf ein Zwischenzeugnis als vertragliche Nebenpflicht
Nach § 109 GewO (Gewerbeordnung) können Sie als Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis verlangen. Es gibt hingegen kein Gesetz, das einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis beinhaltet. (In manchen Tarifverträgen gibt es Regelungen.) Nun sagt das Bundesarbeitsgericht jedoch: Der Arbeitgeber kann unter bestimmten Umständen verpflichtet sein, ein Zwischenzeugnis auszustellen. Das falle unter die Rubrik „vertragliche Nebenpflicht“.
Es muss ein triftiger Grund vorliegen
Die Bedingung? Nach Ansicht der Erfurter Richter muss der Arbeitnehmer aus einem triftigen Grund auf ein Zwischenzeugnis angewiesen sein. Ein Grund wäre etwa, dass der Mitarbeiter das Zwischenzeugnis für eine Bewerbung benötigt, weil das Arbeitsverhältnis in Kürze endet. Das Gleiche gilt wohl, wenn der Vorgesetzte wechselt oder sich der Aufgabenbereich ändert.
Ein weiterer Grund soll nun vorliegen, wenn Mitarbeiter und Arbeitgeberseite vor Gericht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten. Achtung: Dieser Grund entfällt aber, sobald der Rechtsstreit rechtskräftig abgeschlossen wurde.
Quelle: BAG, Urteil vom 20.5.2020, Az.: 7 AZR 100/19
Kurz und knapp zusammengefasst
- Sie können von Ihrem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn Sie dafür einen triftigen Grund haben und auf das Dokument angewiesen sind.
- Solange Sie vor Gericht über eine Kündigung streiten, haben Sie einen triftigen Grund.
- Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis kann sich aus einer vertraglichen Nebenpflicht ergeben, sagt das Bundesarbeitsgericht.
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“