Wann kann ich ein Zwischenzeugnis verlangen?
Autorin: Claudia Kilian
Ein Zwischenzeugnis kann bei einer Bewerbung immer von Vorteil sein. Doch es gibt keinen gesetzlichen Anspruch darauf. In der Praxis sind jedoch mittlerweile einige Situationen anerkannt, in denen Sie ein Zwischenzeugnis verlangen können.
Wann Sie ein Zwischenzeugnis verlangen sollten
Wie kein Recht auf ein Zwischenzeugnis, werden viele jetzt fragen. In der Tat steht in keinem Gesetz, dass der Arbeitnehmer ein Recht auf ein Zwischenzeugnis hat bzw. wann er nach einem Zwischenzeugnis fragen kann. In der Praxis haben sich jedoch mittlerweile zahlreiche Fälle herausgebildet, die den Wunsch nach einem Zwischenzeugnis rechtfertigen können:
- Ihr Arbeitgeber hat Sie über eine bevorstehende Kündigung informiert. Sie brauchen ein Zeugnis, um sich zu bewerben.
- Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet in den nächsten drei Monaten.
- Ihr direkter Vorgesetzter verlässt das Unternehmen oder wechselt innerhalb der Firma.
- Sie selbst wechseln den Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens oder werden befördert.
- Der Wehr- oder Bundesfreiwilligendienst beginnt in Kürze.
- Sie unterbrechen Ihr Arbeitsverhältnis aus einem anderen Grund, zum Beispiel aufgrund einer längeren Kur, Elternzeit oder der Übernahme eines politischen Mandats.
- Es gibt Umstrukturierungen in der Firma, die sich auf Ihren Arbeitsplatz auswirken können, oder dem Unternehmen droht Insolvenz.
- Ein Betriebsübergang steht bevor.
- Sie planen eine Fortbildung, zum Beispiel ein Studium. Für die Zulassung ist ein aktuelles Zeugnis erforderlich.
Mittlerweile erkennt auch das Bundesarbeitsgericht an, dass die Ausstellung eines Zwischenzeugnis eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers sein kann – Wenn der Mitarbeiter aus einem triftigen Grund auf das Zwischenzeugnis angewiesen ist, so zum Beispiel während eines Kündigungsschutzprozesses (BAG, Urteil vom 20.5.2020, Az.: 7 AZR 100/19).
Zwischenzeugnis verlangen: Am besten nicht ohne Grund
Je länger die Betriebszugehörigkeit, umso komplizierter
Warum habe ich mir damals kein Zwischenzeugnis ausstellen lassen, ärgern sich viele heute, die nach zahlreichen Jahren und verschiedenen Aufgabenfeldern, Vorgesetztenwechsel oder sogar Betriebsübergängen nun ein Arbeitszeugnis anfordern. Bis man die Informationen alle zusammen hat … Da hat der Vorgesetzte, der das Zeugnis ausstellen muss, ganz schön zu tun. Und das Zeugnis wird immer länger und länger. Und dann kommt vielleicht noch eine Umstrukturierung, eine Namensänderung oder Ähnliches dazu, da muss man mitunter ziemlich scharf nachdenken, was man am besten schreibt. Wie einfach ist es hingegen, wenn man schreiben kann „Über diesen Zeitraum gibt ein separates Zwischenzeugnis Auskunft. “
Von Zeit zu Zeit oder per Vertrag
Was tut man aber nun in den Fällen, in denen sich kein Ausstellungsgrund für ein Zwischenzeugnis bietet: keine Elternzeit in Sicht, auch das Bundestagsmandat kann man eigentlich ausschließen und das Arbeitsverhältnis wird glücklicherweise auch noch eine Weile Bestand haben. Damit Mitarbeiter jedoch nicht irgendwann doch in die obige Situation schlittern, sind einige Firmen dazu übergegangen, – ob per Arbeitsvertrag oder per Betriebsvereinbarung -, nach einer bestimmten Anzahl von Jahren der Betriebszugehörigkeit einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis zu verbriefen. Zudem gibt es auch Tarifverträge, die ein solches Recht festlegen.
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“