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Streit um das Arbeitszeugnis
12
Dez
2023

Ein Arbeitszeugnis „im Auftrag des Arbeitsgerichts“? (#Urteil)

Roter Banner mit weißem Schriftzug

Autorin: Claudia Kilian

Der Vermerk im Arbeitszeugnis „im Auftrag des Arbeitsgerichts“ ist nicht zulässig. Auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, ein Arbeitszeugnis nach den Vorgaben der Mitarbeiterin auszustellen. Das besagt eine aktuelle Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 28.11.2023, Az.: 26 Ta 1198/23).

Ein Arbeitszeugnis darf keine verdeckten Hinweise und keine Geheimzeichen enthalten. Das ist ein feststehender Grundsatz. Und auf gar keinen Fall sollte man aus einem Zeugnis herauslesen dürfen, dass das Zeugnis Gegenstand einer gerichtlichen Streitigkeit war. Das bestätigte jetzt auch das LAG Berlin-Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung.

Arbeitszeugnis mit Zusatz „i.A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.05.2023“

In einem gerichtlichen Vergleich wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber – eine Facharztpraxis – seiner ausscheidenden Mitarbeiterin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen muss. Die Dame durfte einen Entwurf vorlegen, von dem die Arbeitgeberseite „nur aus wichtigem Grund abweichen“ konnte.

Die erste Version des Arbeitszeugnisses entsprach nicht den Vorgaben und wurde moniert. Die zweite Version entsprach zwar dem Entwurf der Mitarbeiterin, enthielt jedoch den Zusatz „i.A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.05.2023“. (Abgesehen davon war das Dokument auch nicht auf Firmenpapier ausgefertigt und enthielt auch keinen Briefkopf). Da die Arbeitgeberseite den Vergleich nicht erfüllt hat, setzte das Arbeitsgericht Berlin im Oktober 2023 gegen die Firma ein Zwangsgeld fest bzw. ordnete ersatzweise Zwangshaft gegen deren Geschäftsführer an. Dagegen ging der Mann vor – hatte aber keinen Erfolg.

Arbeitszeugnis durch Vermerk nicht glaubwürdig

In dem Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg heißt es unter anderem: Die Facharztpraxis sei ihrer Zeugnispflicht aus dem Vergleich über längere Zeit nicht nachgekommen und könne daher durch Zwangsgeld und Zwangshaft dazu angehalten werden. Das ausgestellte Arbeitszeugnis genüge „bereits in formeller Hinsicht den im Geschäftsleben üblichen Mindestanforderungen nicht“.

Zum einen muss ein Arbeitszeugnis mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestaltet sein, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar sind. Da die Arbeitgeberseite offensichtlich über Geschäftspapier verfügt, muss es dieses auch für Arbeitszeugnisse verwenden. Ein weißes Blatt Papier mit der Unterschrift des Geschäftsführers und einem Firmenstempel reicht nicht aus.

Das als Zeugnis bezeichnete Schriftstück dürfe zudem bei Fremden nicht den Eindruck erwecken, dass der Arbeitgeber lediglich den Zeugnisentwurf der Mitarbeiterin unterzeichnet habe, ohne sich wirklich mit dessen Inhalt zu identifizieren. Der Vermerk im Arbeitszeugnis „im Auftrag des Arbeitsgericht“ lässt jedoch genau diese Vermutung zu.

(Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 28.11.2023, Az.: 26 Ta 1198/23).

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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