Zeugniskorrektur: Arbeitgeber darf Dankesformel nicht streichen (#Urteil)
Autorin: Claudia Kilian
Darf der Arbeitgeber bei einer Zeugniskorrektur Formulierungen wieder aus dem Arbeitszeugnis streichen, die der Mitarbeiter gar nicht beanstandet hat? Das Bundesarbeitsgericht sagt NEIN und bestätigte damit die Entscheidung des LAG Niedersachsen.
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen ein Arbeitszeugnis und sind mit der Bewertung unzufrieden. Sie bitten den Arbeitgeber um eine Zeugniskorrektur, aber das neue Arbeitszeugnis passt immer noch nicht. Bei der nächsten Aufforderung, das Zeugnis zu ändern, holen Sie sogar einen Rechtsanwalt mit ins Boot. Diesen Weg wählte jedenfalls eine Managerin of Administration and Central Services einer Fitnessstudiokette aus Niedersachsen und erzielte so eine bessere Beurteilung im Arbeitszeugnis. Offensichtlich hat sie dadurch jedoch die Arbeitgeberseite verärgert.
Dankesformel im Arbeitszeugnis wieder rausgenommen
Das erste Arbeitszeugnis enthielt nämlich noch folgende Dankesformel:
Frau A. verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch. Wir danken ihr für ihre wertvolle Mitarbeit und bedauern es, sie als Mitarbeiterin zu verlieren. Für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihr alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg.
Bei der dritten Version war der Arbeitgeber wahrscheinlich so genervt, dass er die Dankesformel bei der Zeugniskorrektur kurzerhand wieder aus dem Arbeitszeugnis gestrichen hat.
Zeugniskorrektur: Arbeitgeber an ersten Zeugnisinhalt gebunden
Das geht so natürlich nicht, sagte das Bundesarbeitsgericht. Natürlich ist die Arbeitgeberseite nicht verpflichtet, Dank, Bedauern und gute Wünsche im Arbeitszeugnis aufzunehmen. Aber: Wenn der Arbeitgeber eine Dankesformel im erteilten Arbeitszeugnis verwendet, ist er daran gebunden. Die Richter verweisen neben dem Grundsatz von Treu und Glauben auch auf das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.
Die Arbeitgeberseite hatte erfolglos argumentiert, das eigene Bedürfnis, der Mitarbeiterin zu danken und ihr alles Gute für die Zukunft zu wünschen, sei im Verlauf des Zeugnisstreits „einfach verflogen“. Ob die Arbeitgeberin diese Empfindungen immer noch hegt, sei ohne Bedeutung, erklärten die Richter.
Zusammenfassung
Ein Arbeitgeber darf einen ehemaligen Mitarbeitenden bei der Zeugniskorrektur nicht schlechterstellen, nur weil diese/r für ein besseres Arbeitszeugnis gekämpft hat. Hat er sich einmal entschieden, im Arbeitszeugnis eine angemessene Schlussformel aufzunehmen, ist er daran gebunden und kann diese nicht willkürlich wieder streichen.
Quelle:
BAG, Urteil vom 06.06.2023, Az.: 9 AZR 272/22
LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.07.2022, Az.:10 Sa 1217/21
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“