Arbeitszeugnis in Tabellenform nicht zulässig (#Urteil)
Autorin: Claudia Kilian
Wenn man doch nur auf diese nervige Zeugnissprache verzichten und einfach das Arbeitszeugnis in Tabellenform erstellen könnte. Aber wäre das wirklich besser? Wir halten es mit dem Bundesarbeitsgericht, das gerade entschieden hat: Nur ein individueller Text kann die persönliche Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis dokumentieren.
Das Erstellen von Arbeitszeugnissen ist für viele Arbeitgeber nicht die liebste Aufgabe, da sind wir uns sicher. Was muss im Zeugnis stehen? Wie formuliere ich das am besten? Was ist erlaubt? Was nicht? So manch einer hat wahrscheinlich auch schon einmal über ein Arbeitszeugnis in Tabellenform nachgedacht. Ähnlich wie ein Schulzeugnis also (Verhalten: gut, Fleiß: befriedigend, Fachwissen: sehr gut). Und genau darum ging es jetzt vor dem Bundesarbeitsgericht.
Einzelkriterien in Tabelle
Geklagt hatte ein Elektriker, der fast 10 Jahre bei einem Hersteller von Großserien für Wasch-, Pflege- und Reinigungsprodukte in der Kosmetik angestellt war. Am Ende erhielt er ein Arbeitszeugnis in Tabellenform, das an ein Schulzeugnis erinnerte. Die Arbeitgeberseite hatte Einzelnoten für Bereiche wie „Pünktlichkeit“, „Hygienevorgaben“ und allgemeine „Fachkenntnisse“ vergeben und mit „befriedigend“ beurteilt. Auch hinter der Gesamtnote stand ein „befriedigend“. Nur das Verhalten gegenüber Vorgesetzten wurde mit „sehr gut“ bewertet. Das kam dem ehemaligen Mitarbeiter komisch vor. Er erklärte vor Gericht, eine Darstellung der Bewertungskriterien in Tabellenform sei unüblich und könne einen negativen Eindruck hervorrufen.
Das Arbeitsgericht sah dies ebenso und formulierte sogar ein Zeugnis im Fließtext. Und jetzt kommt für uns der eigentliche Knaller: Die zweite Gerichtsinstanz, das LAG Hamm, hielt ein Arbeitszeugnis in Tabellenform für zulässig (WHAT???) und berichtigte das Zeugnis.
Arbeitszeugnis in Tabellenform lässt keine individuelle Hervorhebung zu
Der Streit über das Arbeitszeugnis in Tabellenform schaffte es tatsächlich bis vor das Bundesarbeitsgericht. Und die Erfurter Richter brachten es auf den Punkt: Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ist ein individuell auf den einzelnen Arbeitnehmer zugeschnittenes Arbeitspapier, das dessen persönliche Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis dokumentieren soll. Diesen Anforderungen wird nur ein individuell abgefasster Text gerecht. (Genau so ist es!) Mit einer Bewertung in Tabellenform kann man eine individuelle Beurteilung hingegen nicht erreichen (BAG, Urteil vom 27.04.2021. Az.: 9 AZR 262/20).
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“