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Arbeitszeugnis richtig in Form
19
Jul
2018

Muss der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis rückdatieren? (#Urteil)

Computertaste mit dem Wort Arbeitszeugnis

Autorin: Claudia Kilian

Ein Arbeitszeugnis, das weit nach dem letzten Arbeitstag ausgestellt wurde, wirft Fragen auf. Doch muss der Arbeitgeber wirklich das Arbeitszeugnis rückdatieren?

Angenommen, Sie verlassen ein Unternehmen zum 31.12. Sie haben Ihren Chef zwar im Vorfeld um ein Arbeitszeugnis gebeten, aber es liegt am letzten Arbeitstag nicht vor. Auch Ende Januar noch nicht. Sie fragen erneut nach und werden vertröstet. Die Ausflüchte sind oft die gleichen: zu viel Arbeit, schaffen wir gerade nicht, die HR-Managerin ist krank, im Urlaub usw. Erst Mitte des nächsten Jahres trudelt das Zeugnis per Post ein. Ausstellungsdatum: 30.06. – sechs Monate später.

Gab es wohl Streit um das Arbeitszeugnis?

Ein Arbeitszeugnis sollte in der Regel am letzten Arbeitstag übergeben werden, d.h. das  Ausstellungsdatum sollte auch auf diesen Tag lauten. Liegt das Datum weit nach Beschäftigungsende, entsteht leicht der Verdacht, dass es rechtliche Streitigkeiten um das Arbeitsverhältnis oder das  Arbeitszeugnis gegeben haben könnte. Viele Arbeitnehmer drängen daher auf eine Rückdatierung.


Achtung

Manchmal klappt es einfach nicht am letzten Arbeitstag. Dennoch sollte das Ausstellungsdatum in etwa dem Austrittsdatum entsprechen. Eine Toleranz von zwei Wochen halten wir für noch angemessen.

Wann muss der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis rückdatieren?

Doch muss der Arbeitgeber tatsächlich das Arbeitszeugnis rückdatieren? Das LAG Rheinland-Pfalz sagt nein. Der Arbeitgeber ist „nicht grundsätzlich“ verpflichtet, ein Arbeitszeugnis rückzudatieren (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.01.2018, Az.: 2 Sa 332/17). Das „nicht grundsätzlich“ deutet jedoch daraufhin, dass man die Frage nicht pauschal beantworten kann.

In dem entschiedenen Fall endete das Arbeitsverhältnis am 30.04.2014 durch einen gerichtlichen Vergleich. Darin hatte man vereinbart, dass der ehemalige Mitarbeiter selbst einen Zeugnisentwurf vorlegen durfte. Der Arbeitnehmer forderte seinen ehemaligen Arbeitgeber jedoch erst rund zweieinhalb Jahre später auf, ihm ein Arbeitszeugnis auszustellen. Einen Zeugnisentwurf legte er nicht vor. Knapp zwei Wochen später erhielt er das Arbeitszeugnis, es enthielt das aktuelle Datum. Der Mitarbeiter verlangte nun vor Gericht, dass der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis rückdatieren soll.

Keine Rückdatierung, wenn der Mitarbeiter nachlässig ist

Der Arbeitgeber ist dazu nicht verpflichtet, erklärte das LAG. Der Mitarbeiter habe im Verlauf von zweieinhalb Jahren weder ein Zeugnis verlangt noch einen Entwurf vorgelegt.  Die verspätete Ausstellung des Zeugnisses sei daher auf seine eigene Nachlässigkeit zurückzuführen.

Die Sachlage ist jedoch eine andere, wenn der Arbeitnehmer das Zeugnis rechtzeitig verlangt und die verspätete Zeugnisausstellung durch die Arbeitgeberseite verschuldet wurde. Hier hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Rückdatierung, sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 09.09.1992, Az.: 5 AZR 509/91).

Unser Fazit

Das Arbeitszeugnis sollte spätestens am letzten Arbeitstag ausgehändigt werden. Falls nicht, fordern Sie es bitte zeitnah an. Vielleicht bieten Sie auch Ihre Hilfe an, wenn es um die Aufstellung Ihrer Aufgaben und Projekte geht, damit nichts unter den Tisch fällt. Verzögert der Arbeitgeber die Zeugnisausstellung, können Sie eine Rückdatierung fordern.


Und wie können wir Sie unterstützen?

Warten auch Sie schon mehrere Monate auf Ihr Zeugnis? Vermutlich hat die Personalabteilung im Moment wirklich viel um die Ohren. Vielleicht können Sie ja einen Entwurf unterbreiten? Gerne unterstützen wir Sie bei der Zeugnis-Erstellung.

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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