Gut zu Wissen

Arbeitszeugnis richtig in Form
7
Mrz
2024

Darf ein Arbeitszeugnis beidseitig bedruckt sein?

Blonde Frau druckt Dokument beidseitig aus

Autorin: Claudia Kilian

In der Welt der Arbeitszeugnisse gibt es viele formelle Standards, aber eine Frage bleibt oft unbeantwortet: Darf ein Arbeitszeugnis beidseitig – als auf Vorder- und Rückseite – bedruckt sein? Wir beleuchten die Frage aus verschiedenen Richtungen.

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Es gibt keine rechtlichen Vorgaben, ob ein Arbeitszeugnis beidseitig gedruckt werden darf. Üblicherweise wird ein zweiseitiges Zeugnis jedoch auf separate Blätter gedruckt und nicht auf Vorder- und Rückseite. Meiner Ansicht nach spricht nichts gegen einen beidseitigen Druck, wenn die Kopie oder das gescannte Dokument immer noch ordentlich und professionell aussieht. Ein Arbeitszeugnis in rein elektronischer Form ist derzeit noch keine Lösung, das könnte aber die Zukunft sein.

Arbeitszeugnis ein- oder beidseitig bedruckt: Was ist üblich?

Die Antwort ist so einfach wie kurz: Das Gros der Arbeitszeugnisse, die wir prüfen oder optimieren, sind einseitig auf einzelnen Blättern bedruckt. Es kommt hin und wieder vor, dass wir ein beidseitig bedrucktes Dokument vorliegen haben, aber das ist wirklich die Ausnahme. Tatsächlich konnte man in diesen Fällen auch keine Böswilligkeit oder nennen wir es „bewusste Nachlässigkeit“ ausmachen.

Ist ein beidseitig bedrucktes Arbeitszeugnis rechtlich zulässig?

Zunächst einmal enthält die einschlägige Zeugnisnorm – § 109 GewO – keine direkte Antwort darauf, ob ein Arbeitszeugnis beidseitig auf einem Blatt Papier ausgedruckt werden darf. Wir müssen also schauen, ob und was die Gerichte dazu sagen. Aber auch hier ist nicht viel los. Gefunden habe ich eine ältere Entscheidung des ArbG Heilbronn aus dem Jahr 1998 (Az.: 1 Ca 476/98), das den Ausdruck eines Arbeitszeugnisses auf Vorder- und Rückseite eines Blatt Papiers für unproblematisch hielt. In der älteren juristischen Fachliteratur heißt es hingegen, „ein einzelnes, beidseitig bedrucktes Blatt könne negativ ausgelegt werden und den Eindruck erwecken, der Mitarbeiter sei nur ein Blatt Papier wert, mehr nicht„.    

Aber auch das ArbG Stralsund hat sich des Themas kürzlich angenommen und entschieden, dass das Papier beidseitig bedruckt werden darf (Urteil vom 1.2.2023, Az.:11 Ca 248/22).

Welche Wirkung erzielt ein beidseitig bedrucktes Arbeitszeugnis?

Unter der Prämisse, dass die meisten Arbeitszeugnisse üblicherweise auf einzelnen Blättern ausgefertigt werden, kann ich den Eindruck „nur ein Blatt Papier wert“ durchaus verstehen. In Anbetracht der digitalen Entwicklung – wir bewerben uns online und versenden ein PDF – erscheint die Frage aber auch schon fast antiquiert. Ich würde es daher vor allem an der Gesamtwirkung festmachen. Stimmt der Gesamteindruck – sieht das Zeugnis ordentlich und professionell aus – spricht aus meiner Sicht nichts gegen einen beidseitigen Ausdruck.

Die Schrift der Rückseite scheint durch?

Ich hatte nämlich kürzlich ein beidseitig bedrucktes Arbeitszeugnis auf dem Tisch, das mir einen weiteren Nachteil des beidseitigen Drucks offenbarte. Hier hatte der Arbeitgeber so dünnes Papier verwendet, dass man die Schrift der jeweiligen Rückseite deutlich sehen konnte. Das sah insbesondere in der kopierten/gescannten Form absolut unprofessionell aus.

Beidseitig bedrucktes Arbeitszeugnis: Die Schrift der Rückseite scheint deutlich durch.

Als Argument für einen einseitigen Ausdruck würde ich die Rechtsprechung zum Knicken von Arbeitszeugnissen analog heranziehen. (Sinngemäß sagt das BAG: Ein Arbeitszeugnis darf gefaltet werden, es muss lediglich kopierfähig bleiben. D. h. Knicke im Zeugnisoriginal dürfen sich nicht durch unschöne Schwärzungen, Streifen oder Ähnlichem auf der Kopie abzeichnen.) Überträgt man den Gedanken dahinter auf beidseitig gedruckte Zeugnisse, so bedeutet das in der Konsequenz, dass ein zweitseitiges Arbeitszeugnis auf einem Papier (Vorder- und Rückseite) ausgedruckt werden kann, wenn das Dokument in der Kopie trotzdem noch professionell aussieht und lesbar ist.

Dann versenden wir das Arbeitszeugnis digital per Mail

Ein digitales Zeugnis per Mail wäre sicher eine gute Lösung, um Papier zu sparen. Auch müsste man so das Zeugnis nicht mehr extra einscannen, um es für Online-Bewerbungen zu nutzen. Aber: laut § 109 GewO gilt: Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Das Arbeitszeugnis muss handschriftlich unterzeichnet sein. Zumindest im Moment noch! Aber Bundesjustizminister Buschmann arbeitet derzeit am Bürokratieentlastungsgesetz IV, wonach die elektronische Form die Schriftform ablösen soll. Das bedeutet, dass auch die digitale Ausfertigung und Übermittlung eines Arbeitszeugnisses in Zukunft erlaubt sein könnte.

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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