Sind Knicke im Arbeitszeugnis erlaubt?
Autorin: Claudia Kilian
Der letzte Arbeitgeber hat das Arbeitszeugnis gefaltet, damit es in einen Briefumschlag passt. Leider entstehen jetzt unschöne Streifen, wenn man das Zeugnis für eine Bewerbung kopieren möchte. Das sieht einfach unprofessionell aus. Kann man vom Arbeitgeber verlangen, dass keine Knicke im Arbeitszeugnis sind?
Auch das Bundesarbeitsgericht findet Knicke im Arbeitszeugnis unprofessionell. Während viele andere Arbeitsgerichte die Auffassung vertreten, das Zeugnis müsse in ungefalteter Form übergeben werden, gehen die Richter des BAG jedoch einen anderen Weg: Grundsätzlich darf der Arbeitgeber das Zeugnis auch zweimal falten, um es in einem Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen. Das Arbeitszeugnis muss lediglich kopierfähig bleiben, d. h. Knicke im Zeugnisoriginal dürfen sich nicht durch Schwärzungen, Streifen oder Ähnlichem auf der Kopie abzeichnen (BAG, Urteil vom 21.09.1999, Az: 9 AZR 893/98). Zuletzt noch einmal bestätigt durch das LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.11.2017, Az: 5 Sa 314/17).
Knicke im Arbeitszeugnis beanstanden
Wollte der Arbeitgeber dennoch Porto sparen und hat das Arbeitszeugnis gefaltet in einem Standard-Briefumschlag geschickt oder übergeben? Machen Sie ihn – am besten schriftlich – darauf aufmerksam und verlangen Sie eine neue Ausfertigung. Weisen Sie ihn daraufhin, dass es Ihnen aufgrund der Knicke im Arbeitszeugnis nicht möglich ist, das Original ordentlich zu kopieren oder zu scannen und Sie aufgrund dessen Nachteile bei Ihren Bewerbungen befürchten. Denn hier ist der Arbeitgeber in der Pflicht. Er darf dem Arbeitnehmer kein Arbeitszeugnis ausstellen, mit welchem ihm Nachteile auf dem Arbeitsmarkt drohen – das betrifft auch die Form.
Arbeitszeugnis auf dem Postweg
Durch das Falten kann natürlich auch der Eindruck entstehen, dass Ihnen das Zeugnis nicht am letzten Arbeitstag übergeben wurde, so wie es eigentlich üblich ist, sondern per Post übersandt wurde. Und das lässt unter Umständen den Rückschluss zu, dass Sie von der Arbeit freigestellt wurden oder das Arbeitszeugnis nach einem Rechtsstreit ausgestellt wurde. Lesen Sie zu diesem Thema auch „Achtung Formfehler: Adressfeld ausgefüllt„.
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“