Gut zu Wissen

Arbeitszeugnis richtig in Form
14
Nov
2022

Arbeitszeugnisse in der Ich-Form

Autorin: Claudia Kilian

Zu meiner vollsten Zufriedenheit … Ich bedauere ihr Ausscheiden sehr … Üblicherweise verwendet man in Arbeitszeugnissen das kollektive „wir“, aber es kann schon mal vorkommen, dass Arbeitszeugnisse in der Ich-Form formuliert werden. Wann das Sinn macht und wann nicht, lesen Sie hier.

Ein Arbeitszeugnis spiegelt die Leistungen und das Verhalten des Mitarbeiters wider – und wer könnte das besser einschätzen als der direkte Vorgesetzte. Deshalb ist es legitim, dass der direkte Vorgesetzte Arbeitszeugnisse in der Ich-Form formuliert. Das verstärkt die Aussagekraft und vermittelt eine persönliche Note – ein Gefühl von „Das schreibe ich jetzt über diesen Mitarbeiter. Es ist mein persönlicher Eindruck, meine Beurteilung, meine Empfehlung.“

Warum Arbeitszeugnisse in der Ich-Form seltener werden

Mittlerweile hat sich die Arbeitswelt jedoch verändert. Wir haben agile Teams, Konzernstrukturen – auch über Ländergrenzen hinweg, und wir haben häufiger Umstrukturierungen und Vorgesetztenwechsel. Dass Vorgesetzte und Mitarbeiter über viele Jahre hinweg eng zusammenarbeiten, findet man nicht mehr ganz so häufig. (Aber natürlich gibt es das noch.) Die Ich-Form passt einfach in vielen Arbeitssituationen nicht mehr. Nehmen wir beispielsweise an, ein langjähriger Mitarbeiter verlässt das Unternehmen. Er war über die Zeit verschiedenen Abteilungen zugeordnet und hatte verschiedene Vorgesetzte. Sein letzter Vorgesetzter kennt ihn eigentlich erst 6 Monate und kann ganz sicher die vorherigen Leistungen nicht beurteilen. (Hierzu auch interessant: Warum Zwischenzeugnisse wichtig sind). In diesen Fällen macht ein Zeugnis in der Ich-Form überhaupt keinen Sinn. Deshalb ist man im Laufe der Zeit auf die kollektive Wir-Form im Arbeitszeugnis umgestiegen. Auch wenn das dem Arbeitszeugnis zwar ein bisschen die persönliche Note nimmt, ist es für die Unternehmen unter dem Strich einfacher zu handhaben.

Wo Arbeitszeugnisse in der Ich-Form auch heute noch Sinn machen

Aber es gibt sie auch heute noch: die Fälle, in denen eine persönliche Note angemessen ist. Die Ich-Form im Arbeitszeugnis kann vor allem bei kleineren Unternehmen oder bei speziellen Vertrauensverhältnissen gewählt werden. Konkret:

  • In erster Linie denken wir hier an inhabergeführte Kleinunternehmen, wo der Inhaber das Geschäft und die Mitarbeiter direkt steuert. Oft sehen wir das zum Beispiel bei Arbeitszeugnissen von Agenturen, kleinen Gewerbebetrieben sowie aus Einzelhandel und Gastronomie usw.
  • Dann haben wir die Fälle, in denen es eine enge Zusammenarbeit zwischen Inhaber und Mitarbeiter gibt, wie etwa in kleineren Rechtsanwalts- oder Steuerkanzleien, bei Ärzten, auch Apotheken usw.
  • Sinnvoll ist die Ich-Form auch bei Arbeitszeugnissen für Assistenzen, also wenn ein Mitarbeiter einem Vorgesetzten, und nur diesem, direkt zuarbeitet (z.B. bei Assistenz der Geschäftsführung, Vertriebsleitung etc.). In diesen Fällen darf die Ich-Form unseres Erachtens gerne auch im Großkonzern verwendet werden.
  • Häufig sehen wir die Ich-Form auch bei Arbeitszeugnissen im Universitäts- und im Klinikbereich. Hier kommt es einfach auch auf den Namen der ausstellenden Person an, unter der man gearbeitet hat.

Referenzen mit persönlicher Note

Sie haben in Deutschland einen rechtlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Wie der Arbeitgeber das Zeugnis formuliert, ist allerdings seine Sache. Natürlich muss er ein paar rechtliche Aspekte beachten, aber er allein darf entscheiden, ob er Arbeitszeugnisse in der Ich-Form oder in der Wir-Form ausstellt. Wenn Sie auf eine persönliche Note Wert legen, können Sie Ihren direkten Vorgesetzten oder eine andere wichtige Person, mit der Sie zusammenarbeiten, auch um eine Referenz/ein Empfehlungsschreiben bitten. Dieses unterliegt keinen rechtlichen Vorgaben und kann daher auch sehr persönlich ausfallen.


Und wie können wir Sie unterstützen?

Ob Ich- oder Wir-Form – Hauptsache, das Arbeitszeugnis spiegelt Ihre Leistungen und Ihre Fähigkeiten wider. Hierbei können wir Sie gerne unterstützen – schnell, mit juristischem Sachverstand und sprachlichem Fingerspitzengefühl.

Hier erfahren Sie mehr über unseren Service

Gleichberechtigung ist für uns ein wichtiges Thema. Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir jedoch auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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