Umfang: Wie lang sollte ein Arbeitszeugnis sein?
Autorin: Claudia Kilian
Auf die Frage „Wie lang sollte ein Arbeitszeugnis sein?“ gibt es keine pauschale Antwort. Es kommt auf die Tätigkeit an, auf die Unternehmenszugehörigkeit, den Werdegang im Unternehmen, auf das Vorhandensein von Zwischenzeugnissen.
Die Frage „Wie lang sollte ein Arbeitszeugnis sein?“ hören wir tatsächlich täglich. Von Mandanten, die meinen, eine Seite ist zu kurz. Von Mandanten, die uns fünf Seiten vorlegen und noch Stoff für zwei weitere haben. Unsere Antwort ist meist, wie so oft bei Juristen: Es kommt darauf an. Es gibt einfach keine pauschale, allgemeingültige Antwort auf diese Frage und im Übrigen auch keine rechtlichen Vorgaben.
Komplexe Tätigkeiten führen oft zu sehr langen Arbeitszeugnissen
Es kommt in erster Linie auf den Job an. Es liegt in der Natur der Sache, dass man komplexere Tätigkeiten weder mit wenigen Worten beschreiben und noch beurteilen kann. Oft haben wir hier eine lange Liste mit Tätigkeiten. Oder Cluster, die verschiedene Aufgabengebiete abbilden. Im Idealfall werden noch individuelle Stärken und Erfolge bescheinigt, was grundsätzlich super ist. Allerdings kann dadurch ein Arbeitszeugnis ziemlich umfangreich werden.
Wenn wir so ein Zeugnis auf dem Schreibtisch haben, gehen wir in der Regel zusammen mit dem Mandanten die Aufgaben durch und überlegen, ob man etwas zusammenfassen, kürzen oder weglassen kann. Manchmal ist sinnvoll, ein oder zwei Aufgaben bereits in der Einleitung zur Tätigkeitsbeschreibung zu verbauen oder als besonderen Erfolg im Fließtext unterzubringen.
Achtung Doppelung
Gerade bei Zeugnissen, die mit einem Tool erstellt wurden, finden wir oft Doppelungen. Ein aktuelles Beispiel:
„Er arbeitete sorgfältig, umsichtig und genau, sodass seine Arbeitsergebnisse unseren Erwartungen gerecht wurden. … Auch bei unterschiedlichen Anforderungen lieferte er immer gute Arbeitsqualität. Seine Arbeitsergebnisse waren jederzeit von guter und durchschnittlicher Qualität.„
Drei Aussagen zum Arbeitserfolg. Hier sehen Sie ganz deutlich: Es verwässert die Bewertung, nimmt aber auch einfach Platz weg.
Mehrere Aufgaben im Unternehmen
Auch die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit ist für den Umfang eines Arbeitszeugnisses relevant. Langjährige Mitarbeiter haben im Lauf der Zeit oftmals verschiedene Aufgaben wahrgenommen und auch ein paar Umstrukturierungen mitgemacht. Wurde bei einem Wechsel kein Zwischenzeugnis ausgestellt, kann das Endzeugnis ganz schön lang werden.
Es kommt doch relativ häufig vor, dass ein Mandant trotz einiger Wechsel kein Zwischenzeugnis hat. Hier empfehlen wir, den Werdegang in der Einleitung darzustellen, sich bei der Aufgabenbeschreibung jedoch auf die letzte Position zu fokussieren. Meist ist diese auch für den weiteren Karriereverlauf am Wichtigsten. Die älteren Positionen werden kurz genannt und die Hauptaufgaben oder die Verantwortung herausgestellt.
Arbeitszeugnis ist zu kurz?
Hier sind wir wieder bei der Frage: Was ist zu kurz? Ist jemand nur für kurze Zeit in einem Unternehmen oder verrichtet nicht ganz so komplexe Tätigkeiten, dann ist eine Seite absolut in Ordnung. Schwierig wird es, wenn ein langjähriger Mitarbeiter nur mit einem paar kurzen Sätzen im Arbeitszeugnis nach Hause geht. Hier hat sich jemand entweder gar keine Mühe gegeben oder eine sog. Zeugnistechnik angewandt.
Fehlen relevante Aspekte in Ihrem Arbeitszeugnis, zum Beispiel wichtige Aufgaben oder notwendige Kenntnisse und Erfahrungen, so sollten Sie diese unbedingt einfordern. Eine andere Möglichkeit, Ihren Lebenslauf zu bestätigen, haben Sie wahrscheinlich nicht.
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“