Die häufigsten Schreibfehler im Arbeitszeugnis
Autorin: Claudia Kilian
Wenn Sie denken, dass Schreibfehler im Arbeitszeugnis selten sind, dann irren Sie. Hier liegt die Latte ziemlich niedrig. Es gibt wenige Zeugnisse, die nicht mindestens einen orthographischen oder grammatikalischen Fehler enthalten (zumindest unter denen, die wir analysieren).
Ein Schreibfehler im Arbeitszeugnis ist natürlich ärgerlich für alle Beteiligte. Auf das Unternehmen fällt ein schlechtes Licht („Die können bei xyz nicht einmal richtig schreiben.“) Oder aber es entsteht der Eindruck, hier hat aber jemand mächtig geschludert, sich keine Zeit genommen („Der Mitarbeiter hat wohl keinen Respekt/Aufwand verdient?“).
Auch der Mitarbeiter ist nachlässig
Akzeptiert der ausscheidende Mitarbeiter das fehlerhafte Zeugnis und fügt es seinen Bewerbungsunterlagen bei, dann gerät auch er in den Verdacht, es mit der Rechtschreibung nicht so genau zu nehmen. Entdeckt er hingegen ein oder mehrere Fehler im Text, muss er das Zeugnis in der Personalabteilung monieren und handelt sich dementsprechend oft Stress (da Aufwand) ein.
1. Schreibfehler im Arbeitszeugnis: Sie/Ihr
Ein typischer Flüchtigkeitsfehler, der bei Zeugnissen von Mitarbeiterinnen immer wieder auftritt, ist das Verwenden der Anspracheform „Sie“ und „Ihr“ statt „sie“ und „ihr“:
- Das persönliche Verhalten von Frau Wagner ist jederzeit sehr vorbildlich. Im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern versteht Sie es stets, eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen.
- Seit Beginn Ihrer Beschäftigung in unserem Hause hat Frau Meier gezeigt, dass sie sich aufgrund ihrer äußerst raschen Auffassungsgabe sowie ihres sehr guten analytischen und konzeptionellen Denk- und Urteilsvermögens sehr schnell in neue Aufgabengebiete einarbeiten kann.
2. Schreibfehler im Arbeitszeugnis: selbständig oder selbstständig?
Frau Müller erledigte ihre Aufgaben stets sehr selbständig, sorgfältig und zuverlässig.
Haben Sie den Schreibfehler gefunden? Wir wetten, ja. Schließlich haben sich mittlerweile die größten Änderungen der letzten Rechtschreib-Reform durchgesetzt. Eine davon ist das doppelte „ST“ in dem Wort selbstständig – weil ja selbst und ständig. Ja, werden viele jetzt vielleicht anmerken, man kann aber immer noch „selbständig“ schreiben. Das ist wohl richtig, insofern ist es kein „echter“ Schreibfehler – da geben wir Ihnen Recht! Der Schreibweise „selbstständig“ ist jedoch der Vorzug zu geben. Sie entspricht der Empfehlung von Duden und Wahrig.
3. Schreibfehler im Arbeitszeugnis: kennengelernt oder kennen gelernt?
- Wir haben Herrn Müller als einen sehr ausdauernden und belastbaren Mitarbeiter kennengelernt.
Oder:
- Wir haben Herrn Müller als einen sehr ausdauernden und belastbaren Mitarbeiter kennen gelernt.
Zusammen oder getrennt – das ist hier die große Frage. Und die ist nicht ganz einfach zu beantworten. Denn: Nach den Empfehlungen des Rats für Deutsche Rechtschreibung kann „kennenlernen/kennen lernen“ sowohl getrennt als auch zusammen geschrieben werden , siehe § 34 (4). Der Duden (27. Auflage) empfiehlt im Übrigen die Zusammenschreibung.
4. Fehlende Bindestriche
Netzwerk-Administrator oder Netzwerk Administrator ?
In vielen Branchen haben sich mittlerweile Berufsbezeichnungen oder Begrifflichkeiten durchgesetzt, die sich aus verschiedenen Sprachen und (technischen) Fachtermini zusammensetzen. Dementsprechend vielseitig ist auch die Schreibweise. In einem Unternehmen arbeiten Online Marketing Manager, in anderen Onlinemarketing-Manager oder Online-Marketingmanager.
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat daher in einem Urteil vom 02.04.2019 (Az.: 2 Sa 187/18) entschieden: In Anbetracht der vielseitigen Schreibweise ist bei solchen Berufsbezeichnungen und Fachtermini ein fehlender Bindestrich verzeihlich. Die Richter sahen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber dadurch einen negativen Hinweis geben wollte. Solche Rechtschreibfehler sind nicht gravierend.
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Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“