Arbeitszeugnis nach Vergleich: Arbeitgeber darf von Wortlaut nicht abweichen (#Urteil)
Autorin: Claudia Kilian
Wird durch Vergleich ein konkreter Wortlaut für ein Arbeitszeugnis vereinbart, so darf der Arbeitgeber davon nicht abweichen, auch nicht in Kleinigkeiten.
Im Entscheidungsfall vor dem LAG Schleswig-Holstein hatten der Arbeitgeber und sein ehemaliger Mitarbeiter per Vergleich die Modalitäten für das Arbeitszeugnis festgelegt. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, „ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis unter dem Datum des Beendigungszeitpunkts auszustellen“. Der Wortlaut des Arbeitszeugnisses müsse dem beruflichem Fortkommen förderlich sein und als Gesamtnote mindestens „gut“ enthalten.
Von Präsens zu Präteritum
Im Vergleich wurde zudem der genaue Wortlaut des Arbeitszeugnisses festgelegt. Als der Arbeitgeber das Zeugnis ausstellte, änderte er jedoch bei drei Verben die Zeitform – von Präsens (Gegenwartsform) zu Präteritum (Vergangenheitsform). Also zum Beispiel „verstand“ statt „versteht“. Mit den geringfügigen Veränderungen habe er seiner Meinung nach nicht gegen den Vergleich verstoßen. Zumal er Präsens nur gewählt hatte, um den Wortlaut dem übrigen Text des Zeugnisses anzupassen.
Der Ex-Mitarbeiter vermutete hinter den Änderungen jedoch eine versteckte Herabwürdigung und zog vor Gericht. Mit Erfolg!
Zeugnisanspruch nicht erfüllt
Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer per Vergleich einen konkreten Wortlaut für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis festgelegt, ist dieser Anspruch erst erfüllt, wenn das Arbeitszeugnis genau dem vereinbarten Wortlaut entspricht. Der Arbeitgeber darf demzufolge auch keine Kleinigkeiten wie zum Beispiel die Zeitform ändern.
(LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. Juli 2017, Az.: 1 Ta 78/17
Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“